Mit Feedback Vertrauen gewinnen

Sie haben bestimmt schon viele Artikel gelesen oder Ausbildungen absolviert, in denen Feedback (Reaktion, Rückmeldung) vorgestellt und erläutert wurde. Verwenden Sie dieses wunderbare Instrument? Haben Sie seine Aspekte und vor allem seine Kraft entdeckt? Mit einem konkreten Beispiel und einigen Überlegungen dazu will ich von meinen Erfahrungen damit berichten.

Definition
Feedback steht englisch für Rückkoppelung und ist, wenn man einem Gegenüber absichtlich etwas zu seinem Verhalten sagt und dazu, wie es auf einen und/oder auf andere wirkt.

Praxis
Ganz systematisch, vor allem bei einem ersten Feedback oder Austausch mit jemandem, überlege ich mir drei Dinge:

  1. Was sind unsere Ähnlichkeiten?
  2. Inwiefern unterscheiden wir uns?
  3. Was macht das Gegenüber einzigartig (oder wieso genau ist das Gegenüber für mich unverwechselbar)?

Was sollen dieses Vorgehen und dieser Ansatz?

  • Ähnlichkeiten ermöglichen es Ihnen, eine Beziehung zu schaffen und vor allem Türen zu öffnen. Wenn wir beide beispielsweise gregorianische Gesänge mögen, FC-Bulle-Fans sind oder eine ähnliche berufliche Laufbahn haben, dann kann ich bloss dieses Thema anschneiden, und schon öffnet sich die Türe.
  • Unterschiede hingegen lassen uns unsere Komplementarität erkennen. Unterschiede betrachte ich als positive Elemente. Dank ihnen verstehen wir uns einerseits besser, andererseits wird dabei klar, dass wir zusammen stärker sind: Wir ergänzen einander. Wenn bei mir zu einem Thema, das mein Vis-à-vis beherrscht, eine Frage auftaucht, kann ich sie ihm stellen und sie auf diesem Weg lösen.
  • Nicht zuletzt ist die Einzigartigkeit des Gegenübers eine Quelle purer Wertschätzung. In Worte zu fassen, was den anderen in meinen Augen im positiven Sinn einzigartig macht, ist ein Geschenk: Man hebt die Person damit auf einen Sockel; sie empfindet die Wertschätzung und wird in ihrer Achtung gestärkt. Sie ist damit als Person einzigartig und nicht deshalb, weil sie viel arbeitet oder gute Ergebnisse liefert. Ich schätze also die Person als solche und nicht ihre Leistung. Diese kann dann selbstverständlich ebenfalls noch Wertschätzung erfahren.

Konkretes Beispiel
Ich erinnere mich daran, wie ich einst einen Generalagenten begleitete, der eine Agentur und eine Region übernommen hatte. Er war für 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verantwortlich. Ich bat ihn, sich in den ersten zwei Wochen vorzubereiten und für alle der 15 Mitarbeitenden Ähnlichkeiten und Unterschiede auszumachen und herauszufinden, was jeden Einzelnen von ihnen einzigartig macht. Er liess sich darauf ein.
Und wissen Sie, wie? Er beobachtete, stellte Fragen, interessierte sich, hörte zu, sprach von sich und nahm sich Zeit.

Dann haben wir kurz Revue passieren lassen, was er sagen und wie er die einzelnen Punkte formulieren würde, um sicher zu sein, dass er die Aussagen richtig und positiv ausdrückt. Dann setzte er sich mit jedem seiner Mitarbeitenden zusammen und präsentierte die verschiedenen Aspekte (Ähnlichkeiten, Unterschiede, Einzigartigkeit), erklärte dabei aber auch seine Werte (lesen Sie dazu den Beitrag «Leadership setzt Bewusstsein für die eigenen Werte voraus»).

Was schaute dabei heraus?
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren positiv überrascht. Sie stellten fest, dass sich ihr Chef für sie interessiert, sie bereits kannte und sich Zeit für sie genommen hatte. Daraus entstand Vertrauen und eine hervorragende Grundlage zur Zusammenarbeit. Selbstverständlich musste er dies in der Folge bestätigen und seine Integrität, seine Vorbildfunktion und seine Authentizität unter Beweis stellen.

Positives Feedback, konstruktives Feedback
Ein guter Chef gibt zwei Arten von Feedback, positives – und konstruktives zu den Punkten, die zu verbessern oder anzupassen sind.

Beginnen wir mit dem positiven Feedback. Wir geben es nicht oft genug. Dazu muss man wissen, dass es vier bis fünf positive Elemente braucht, um ein negatives zu kompensieren (negatives Feedback). Es ist deshalb wichtig, positives Feedback zu geben. Danke zu sagen, genügt nicht, auch wenn das durchaus schon sinnvoll ist, aber dazu gehört:

  1. Tatsachen, Situation erwähnen, bei denen das Gegenüber sich richtig verhalten hat
  2. Genau sagen, was das Gegenüber Positives getan hat
  3. Wirkung auf mich erläutern
  4. Wirkung auf die anderen erläutern, je nach Umständen

So versteht die Person, die ein positives Feedback erhält, ganz genau, was sie gut gemacht hat, und ist in der Lage, es wieder zu tun: Positives Feedback hat also eine mittel- und langfristige Wirkung.

Konstruktives Feedback
Für ein konstruktives Feedback können Sie gleich vorgehen und achten dabei auf Aussagen, die kein Urteil über Ihr Gegenüber fällen und es nicht verletzen. Eine besonders dienliche und effiziente Methode stellt Marshall B. Rosenberg in «Gewaltfreie Kommunikation» vor. Dazu gehört auch sein auf Französisch unter dem Titel «Les mots sont des fenêtres (ou des murs)» erschienenes Buch, zu dem Deepak Chopra, Arun Gandhi und Charles Rojzman das Vorwort beigesteuert haben.

Im Kern geht es darum, mit einem positiven Feedback zu beginnen und es mit einem konstruktiven Feedback zu ergänzen, dazwischen jedoch nicht ABER zu sagen. Das Aber ist wie eine Delete-Taste auf der Computertastatur, mit der Sie Gefahr laufen, dass alles, was Sie zuvor gesagt haben, für Ihr Gegenüber verloren ist, weil es sich auf das konzentriert, was auf das Aber folgt. Sagen Sie zwischen den beiden Teilen UND. Sie fügen etwas bei, das dem bereits Gesagten nichts wegnimmt.

Wenn Sie also jemandem ein Feedback geben wollen, fragen Sie sich zunächst, inwiefern Sie mit dieser Person Ähnlichkeiten teilen und was Sie von ihr unterscheidet. Machen Sie dann einen Aspekt aus, der Ihr Gegenüber für Sie einzigartig macht. Teilen Sie diese Ansichten mit ihm.

Vergessen Sie nicht, komplette positive Feedbacks zu geben (sagen Sie nicht nur «merci»), und wenn Sie etwas Konstruktives anfügen, tun Sie es gewaltfrei, indem Sie zwischen den beiden Teilen UND sagen. Auf diese Weise stärken Sie das Selbstvertrauen Ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und nicht zuletzt das Vertrauen in Ihre Beziehung zu ihnen.

Selbstreflexion

  • Wann haben Sie zum letzten Mal um ein Feedback gebeten?
  • Was fällt Ihnen leichter: Feedback zu geben oder Feedback zu erhalten?
  • Weshalb?

Zitat

«Feedback ist das Frühstück der Champions.»

Ken Blanchard

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