Intention (Absicht): treibende Kraft unseres Tuns, aber allzu oft ausser Acht gelassen

Sind wir uns der Wirkung unseres Tuns, unserer Entscheidungen und unserer Haltung bewusst? Ich denke, nein. Zu oft handeln wir unter dem Eindruck unserer Emotionen, manchmal ohne den Abstand, den es braucht, um sich selbst und die Reaktionen zu verstehen, die wir bei andern auslösen. Die Rede ist hier von der emotionalen Intelligenz. Lesen Sie dazu den Artikel «Leadership und emotionale Intelligenz: ein Schlüssel auf dem Weg zum inspirierenden Leader!».

Ich möchte Ihnen einen Ansatz präsentieren, den ich am Anfang meiner Interventionen regelmässig verwende. Im Grund will ich vier immer wichtiger werdende Elemente anregen:

  1. Selbstbewusstwerdung
  2. Erkennen des Gegenübers, Beziehungsmanagement
  3. Agilität
  4. Kundenorientierung

Definition
Die Intention (Absicht), abgeleitet vom lateinischen Verb «intendere» für «sein Streben auf etwas richten», bezeichnet das Ausrichten der Gedanken und der Aufmerksamkeit auf ein Ziel hin. Es geht um einen Willensakt, bei dem ein Einzelner (oder eine Gruppe) das Ziel einer Aktivität bzw. den Grund einer Intervention festlegt. Mit anderen Worten handelt es sich um eine geistige Verfassung, eine innere Bewegung, wonach sich jemand mehr oder weniger bewusst und mehr oder weniger dezidiert vornimmt, ein bestimmtes Ziel zu erreichen.

Wie können Sie Ihren Gesprächspartnern bewusst machen, dass die Intention (Absicht) eine wichtige treibende Kraft ihres Tuns ist?

Mein Ansatz: Fragen stellen!
Am Anfang einer Intervention (Schulung, Vortrag, Workshop) stellt sich der Referent meistens vor. Sie machen das bestimmt ebenfalls. Wie gehen Sie dabei vor? Fast immer sprechen die Referenten von sich. Manchmal nehmen sie ein Ding zur Hand, das etwas mit ihnen zu tun hat, und erläutern diesen Bezug.
Ganz klassisch also, vor allem aber sehr egozentrisch und ziemlich umständlich. In dieser Präsentationsphase versäumen wir eine versteckte Ressource, nämlich die Gesprächspartner.

Bewusstmachung
Zunächst lässt dieses Vorgehen die fragende Person bewusst werden, weshalb sie ihre Frage stellt. Allzu oft stellen wir aus einer verdeckten Intention heraus Fragen oder nehmen eine bestimmte Haltung ein. Es ist wichtig, sich dessen bewusst zu werden.
Sie haben zum Beispiel einen Teilnehmer mit viel Erfahrung auf dem Gebiet, das Sie behandeln, und der Sie mit seiner Frage herauszufordern versucht. In Abhängigkeit von Ihrer Antwort wird er Vertrauen entwickeln oder im Gegenteil sein Misstrauen bestätigt sehen.

Erkennen des Gegenübers, Beziehungsmanagement
Zweitens geben Ihnen sowohl die Frage als auch die Intention Anhaltspunkte zur Person Ihres Gegenübers. Dies kann Ihnen dabei helfen, die Beziehung zu dieser Person zu gestalten oder die Spannungen zu verstehen, die unter den Teilnehmenden auftauchen können. Es ermöglicht Ihnen zudem, alle Anwesenden zum Nachdenken und Reden zu animieren, auch die zurückhaltendsten.

Agilität
Drittens zwingt Sie dieses Vorgehen, agil zu bleiben, und lässt Sie neue Facetten Ihrer eigenen Person entdecken. Das ist nicht immer ganz einfach. Manchmal ist es sogar unangenehm, was mir auch passiert ist, aber das ist nicht etwa schlimm, es macht Sie vielmehr menschlich, authentisch und lässt Ihre Beziehung zum Publikum lebendig werden. Mit ein wenig Erfahrung werden Sie alle Fragen ohne Zögern beantworten können. Die eine oder andere Frage können Sie allenfalls für später aufheben, weil einer der Punkte Ihrer Intervention genau darauf Antworten gibt.

Kundenorientierung
Schliesslich ist dieser Lösungsansatz ein Loblied auf die Kundenorientierung. Entscheidend ist nämlich, was der Kunde bzw. Ihr Gegenüber wissen will, und nicht, was Sie für wichtig halten. Wie oft haben Sie sich gesagt, während sich ein Referent vorstellte: Jetzt reicht es, mein Lieber, genug geredet, wen interessiert das schon usw.
Das ist schade und vor allem eine verpasste Chance, aus dieser Schulungssequenz gleich einen Trumpf zu machen. Auch nach vielen Jahren bin ich immer noch fasziniert davon, was für Fragen mir manche Leute stellen. Sie weiten damit meinen Horizont und machen meine Arbeit umso interessanter. Allerdings darf man die Sache nicht zu weit treiben.

Sie als Leserin oder Leser denken sich vielleicht, mein Ansatz eigne sich allenfalls für kleine Gruppen, bei grösseren stosse man damit rasch an die Grenzen. Das ist tatsächlich so, und ich habe für diesen Fall zwei Varianten bereit: Bei einem mittelgrossen Publikum mit 16 bis 40 Personen lasse ich die Teilnehmenden gruppenweise eine oder zwei Fragen vorbereiten, die sie mir anschliessend stellen. Auf diese Weise behalte ich die Anzahl Fragen im Griff. Für grössere Gruppen (bei Referaten mit mehr als 40 Anwesenden) bitte ich den Organisator oder die Organisatorin, mir am Anfang Fragen zu stellen. Selbstverständlich will ich die Fragen im Voraus nicht kennen. Auch der Organisator / die Organisatorin muss offenlegen, mit welcher Intention er/sie mir die Fragen stellt.

Fragen stellen ist ein überaus spannendes Werkzeug mit viel unausgeschöpftem Potenzial. Man muss es bloss bewusst einsetzen. Ich wünsche Ihnen viele anregende Fragen!

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