Wie viel Fach- bzw. Managementkompetenz braucht ein guter Vorgesetzter?

Auf die Frage «Was wird von einem ‹guten Chef› erwartet?» antworten die Mitarbeitenden unter anderem, dass er über eine bestimmte Fach- und Managementkompetenz verfügen muss. Was bedeutet dies und wie weit muss man als Vorgesetzter solche Kompetenzen beherrschen?

Interessant ist, einen ersten Unterschied festzuhalten, jenen zwischen Leadership und Management. In den Unternehmen, für die ich gearbeitet habe, sagten mir die Direktionsmitglieder oft: «Bei mir (in meiner Abteilung) wird anders geführt!» … Sobald ich ihnen die neun Dimensionen eines guten Chefs präsentiert hatte (Video dazu unter www.lp3leadership.com), sagten sie mir dann einhellig, diese LeadershipDimensionen seien dieselben und selbstverständlich auch für sie und ihre Teams gültig.
Unterschiedlich seien die Führungswerkzeuge und die Prozesse. Der Unterschied liege also auf der Ebene der Management-Tools. Und tatsächlich gab es Unterschiede zwischen den Abteilungen «Marketing», «IT», «Innendienst» und «Aussendienst», aber sie hatten mit den verwendeten Werkzeugen und Prozessen zu tun.

Definition
Fachkompetenz ist die Fähigkeit, fachbezogenes und fachübergreifendes Wissen zu verknüpfen, zu vertiefen, kritisch zu prüfen sowie in Handlungszusam- menhängen anzuwenden. Es handelt sich um rein fachliche Fertigkeiten und Kenntnisse, die in der Regel im Rahmen einer Ausbildung erworben und durch Fortbildung erweitert werden. Fachkompetenz gilt neben Sozialkompetenz und Methodenkompetenz als Teil einer umfassenden Handlungskompetenz.

Fachkompetenz in der Führungsaufgabe ist Managementkompetenz. Zentral ist hier der sinnvolle Einsatz von Management-Tools.

Management-Tools
Der Autor Fredmund Malik unterscheidet zwischen Managementprinzipien, -aufgaben und -Tools.

Management-Tools sind beispielsweise Sitzungsführung, Berichterstattung, Arbeitsorganisation und – kontrolle, persönliche Arbeitsmethoden, Budget und Budgetierung, Kostenrechnung, Leistungsevaluation und systematische Aussortieren.
Im Grundsatz soll ein Managementprozess ergebnisorientiert, ganzheitlich und konstruktiv sein. Der Manager hat sich dabei auf das Wesentliche zu konzentrie- ren. Die Konzentration auf die eigenen Stärken sowie das Schaffen von Vertrauen bei den Mitarbeitenden führen zu einem funktionierenden Prozess.

Selbstreflexion

  • Wie bereiten sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf Sitzungen vor?
  • Wie oft kontrollieren Sie?
  • Wie stark nehmen Sie Einfluss auf den Budgetierungsprozess?
  • Was würde niemandem auffallen, wenn Sie es nicht mehr täten?

Es gibt also berufliche Kompetenzen und Managementkompetenzen (Management-Tools, die man beherrschen muss).

Je höher Sie in der Hierarchie steigen, desto mehr werden von Ihnen die Kompetenzen eines Generalisten und eines Strategen erwartet; der CEO einer Grossfirma muss also kein Experte sein. Wenn Sie hingegen für ein kleines, praxisbezogenes Team verantwortlich sind, haben Sie die Rolle eines Sparringpartners und müssen für Ihren Bereich Fachwissen haben.
Wenn ich Direktionsmitglied und CFO (Finanzdirektor) bin, ist es selbstverständlich von Vorteil, diesen Bereich zu kennen. Genauso wie sich ein Personalverantwortlicher in Personaldingen auskennen muss.

Manche höhere Kaderleute, manche Direktoren sind Experten geblieben. Vielleicht kennen Sie welche oder sind selbst einer. Wie lässt sich das feststellen? Diese Leute, wenn sie sich dessen nicht bewusst sind oder nicht an sich gearbeitet haben, neigen dazu, die vierte Stelle nach dem Komma zu kontrollieren und haben manchmal Mühe, loszulassen. Denken Sie gerade an jemanden Bestimmten?

Ich mochte es immer, Mitarbeiter zu haben, die (auf fachlicher, technischer Ebene) viel besser waren als ich. Können Sie sich vorstellen, weshalb? Hauptsächlich aus drei Gründen:

  1. Erstens konnte ich so delegieren. Weil ich auf ihre Kompetenzen vertraute, hatte ich keine Mühe zu delegieren, und dies erlaubte es mir, mich auf jene Bereiche zu konzentrieren, in denen ich stark war, in denen ich dem Unternehmen einen hohen Mehrwert brachte und wo ich einen markanten Einfluss hatte.
  2. Dies erlaubte es mir auch, Ferien zu nehmen und loszulassen.
  3. Es erlaubte mir ausserdem, meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Wertschätzung entgegenzubringen. Wenn der Direktion, Kunden oder Partnern etwas zu präsentieren war, liess ich immer gern mein Team, meine Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter auftreten, bis hin zu den Lehrlingen.

Dies bedingt, dass man Selbstvertrauen hat, seine Stärken kennt und weiss, wo man sich verbessern kann. Wenn Sie um Ihren Job bangen, werden Sie Mühe haben, zu delegieren und anderen zu vertrauen. Was empfinden Sie, wenn Mitarbeitende mehr Know-how haben als Sie?

Um auf die Managementkompetenzen zurückzukommen, verweise ich gerne auf den Titel «Lost in Management 2» des Soziologen François Dupuy. Er hat in verschiedenen Unternehmen in Frankreich geforscht und festgestellt, dass sich die Grundlagen des Managements auflösen und dass nicht einmal mehr Basiswerkzeuge beherrscht werden.
Ziehen Sie bei Ihren Leadership- und Managementkursen Bilanz über die Grundlagen (Grundausbildung) Ihrer Manager. Seien Sie kritisch und überprüfen Sie diese Kompetenzen.

Zu beherrschen gilt es besonders zwei Werkzeuge, das Delegieren und das Entscheiden. In einem meiner nächsten Beiträge werde ich auf diese beiden Tools eingehen. Denn gerade in Phasen der Unsicherheit und des Wandels erwarten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, dass Entscheide gefällt werden. Nichts wiegt schwerer, als in Unsicherheit zu sein, keinen Boden unter den Füssen zu haben, ein der Warteschlaufe gefangen zu sein. Alle erwarten eine gewisse Klarheit.

Halten Sie Ihre Kompetenzbereiche, Ihre Stärken, Ihren Mehrwert fest – und machen Sie Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den weg auf die Bühne frei.

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