Irrtum erlaubt, fahrlässige Fehler nicht

Haben Sie schon mit amerikanischen Unternehmern diskutiert? Tun Sie es und achten Sie darauf, wie stolz sie auf ihre Irrwege und Misserfolge sind, denen sie sich stellen mussten. Im Gegensatz zu unserem europäischen Denken empfinden sie das Scheitern als positiv, förderlich, stimulierend, notwendig. Nichts ist schöner, als sich nach einer Niederlage wieder aufzurichten, von seinen Fehlern zu lernen und wieder anzupacken, es zu versuchen und zu gewinnen. Dies gibt dem Erfolg einen ganz besonderen Geschmack und verleiht ihm erst seinen Wert!
Ausserdem entwickelt man dabei Kraft und Vertrauen, nicht nur in die Menschen, sondern auch in die Gesellschaft.

In diesem Beitrag möchte ich auf zwei Punkte aufmerksam machen:

  1. Unterschied zwischen Irrtum und fahrlässigen Fehlern
  2. Wichtigkeit der Analyse, des Nachdenkens (Selbstreflexion) und des gemeinsamen Lernens (Begriff des lernenden Unternehmens)

Das Recht auf Irrtum ist zunächst zu verstehen als eine pädagogische Norm, die den Irrtum begrüsst. Sie lässt sich definieren als Ansatz, bei dem jene, die guten Willens und bereit sind zu lernen/experimentieren, nicht systematisch für die Irrtümer, sanktioniert werden, die ihnen passieren, wenn sie sich auf das Experiment einlassen.

Für die Pädagogen und die Pädagogik ist der Irrtum eines Lernenden (Schülers, Praktikanten) ein normales Phänomen, das zum Lernprozess gehört. Der Lernende lernt und kommt nach einer Trial-and-Error-Methode voran. Die Lehrpersonen und der Lernende haben die Aufgabe, die aufgetauchten Irrtümer zu nützen und ihre Lehren daraus zu ziehen. Der Weg zum Erfolg besteht aus Verstehen und Fehlerreduktion; grundsätzlich fördern Anerkennung durch die Lehrperson und Befriedigung des Lernenden beim Gelingen diesen Prozess.

Die zweckmässige Anwendung des Rechts auf Irrtum …

  • zielt nicht darauf ab, von Verantwortung zu entbinden,
  • will von einem allenfalls lähmenden Schuldgefühl befreien,
  • räumt mit der Illusion des Perfektionismus auf, der Illusion also, wonach sich alle und jeder spontan perfekt verhalten könnten,
  • lässt den überdrehten Druck einer immer leistungsbesesseneren Gesellschaft ab.

Unterschied zwischen Irrtum und fahrlässigen Fehlern
Bei einem fahrlässigen Fehler handelt es sich um einen Regelverstoss, um das Verletzen einer Norm, während ein Irrtum auf einer Fehleinschätzung, einem Fehlgriff, einem unbedachten, allenfalls bedauerlichen Versehen beruht.

Wer sich irrt, dem passiert ein Missgeschick, nicht aus Absicht und nicht aus Nachlässigkeit. Ein Irrtum geschieht unfreiwillig oder aus Unkenntnis heraus (wegen vorläufig unzureichender Kenntnisse). «Irren istmenschlich», sagt man, weil niemand perfekt ist.

Bei einem fahrlässigen Fehler handelt es sich um einen Regelverstoss, um das Verletzen einer Norm, während ein Irrtum auf einer Fehleinschätzung, einem Fehlgriff, einem unbedachten, allenfalls bedauerlichen Versehen beruht.

Wer sich irrt, dem passiert ein Missgeschick, nicht aus Absicht und nicht aus Nachlässigkeit. Ein Irrtum geschieht unfreiwillig oder aus Unkenntnis heraus (wegen vorläufig unzureichender Kenntnisse). «Irren istmenschlich», sagt man, weil niemand perfekt ist.

«Ein Irrtum wird nur zum Fehler, wenn man nicht bereit ist, ihn zu korrigieren.»

John F. Kennedy

Bei einem fahrlässigen Fehler ist der Wille, zu verfehlen, zu täuschen oder das Wort zu brechen, mit im Spiel; der Fehler ist letztlich beabsichtigt, negative Konsequenzen werden in Kauf genommen. Fehlleistungen im Sinn von Vergehen sind moralisch konnotiert und rühren an die Verantwortung dessen, der sie begeht.

Deshalb ist es wichtig, innerhalb von Unternehmen und Organisationen klare, bekannte, durchdachte und kontrollierte Regeln (Prozesse, Verhaltensnormen) zu haben. Irren ist menschlich, ja, aber wir wollen keine Fahrlässigkeit.

Besonders gut veranschaulichen lässt sich dies am Beispiel der Fliegerei. Tag für Tag steigen Millionen Menschen ins Flugzeug, ihr Unfallrisiko ist minim. Wenn ich mich nicht irre, spricht man von einer 99,999985-prozentigen Sicherheit.
Auch ein Langstreckenpilot mit über 5000 Flugstunden geht systematisch seine Checkliste durch, ohne jede Ausnahme. Würde er es nicht tun, wäre er fahrlässig, es wäre ein Vergehen!

Dasselbe gilt für Ärzte, Chirurgen oder, unserem Alltag näher, auf der Strasse oder beim Bedienen einer Maschine. Wenn ich am Steuer bin und gleichzeitig auf mein Handy schaue, ist das kein Irrtum, sondern Fahrlässigkeit. Wenn ich in der Produktion oder im Lager die Sicherheitsvorschriften verletze, ist es ebenfalls kein Irrtum, sondern eine Fehlleistung, die mir zur Last gelegt werden kann.

Ergreife ich hingegen in bester Absicht eine Initiative und entgeht mir dabei ein Aspekt, der sich später als wichtig herausstellen wird, handelt es sich um einen Irrtum, weil er mir ja nicht bewusst war … Ich muss also aus meinen Irrtümern lernen, und genau da liegt der entscheidende Punkt für ein Unternehmen oder eine Organisation.

Lernende Unternehmen
1977 hat Chris Argyris1 die Grundlagen für das Prinzip des lernenden Unternehmens gelegt. Veranschaulicht hat er es an den Lernschleifen (einfache und doppelte). Bereits 1950 hat der Statistiker William Edwards Deming (1900–1993) den berühmt gewordenen Demingkreis (PDCA, plan-do-check-act) beschrieben.

Diese Kreis- und Schleifenprinzipien betonen, wie wichtig eine systematische und systemische Reflexion unseres Tuns ist.

So ist es bei jedem Irrtum wesentlich, systematisch nach den Ursachen und Gründen zu suchen, die zum Irrtum geführt haben. Dies kann im Rahmen einer persönlichen Selbstreflexion geschehen, aber auch in einem geplanten Debriefing oder einem monatlichen Feedback. Entscheidend ist, es zu tun, und dann die gewonnenen Erkenntnisse zu berücksichtigen.

Dies stärkt Ihre Kompetenz, Ihr Vertrauen, Ihre Intuition, und wenn Sie andere mit einbeziehen, stärkt es diese sowie die Institution/Organisation ebenfalls.
Systemisches Reflektieren hilft ihnen dabei. Denken Sie deshalb an die anderen Akteure, die von Ihren Erkenntnissen profitieren könnten, an die Prozesse oder Aktivitäten, die betroffen sein könnten, und lassen Sie die anderen an Ihren Überlegungen teilhaben.

Dieser systematische und systemische Ansatz trägt zur Entwicklung Ihrer Organisation hin zu einer lernenden Organisation bei und schafft die Grundlagen zur Förderung von Innovation, Kreativität und Eigeninitiative.

Dank einem echten Recht auf Irrtum (nicht auf fahrlässige Fehler) tragen Sie dazu bei, psychologische Sicherheit und damit das notwendige Klima zu schaffen, um den aktuellen und künftigen Herausforderungen zu begegnen.

Ich wünsche, dass Ihnen Irrtümer passieren, dass sie daraus lernen und die anderen und Ihre Organisation davon profitieren lassen.

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