Psychologische Sicherheit: darüber reden ist gut, sie einführen ist besser! 

Psychologische Sicherheit, ein Konzept, das häufig mit Amy Edmondsons Forschungen der 1990er Jahre in Verbindung gebracht wird, ist zu einem Eckpfeiler der modernen Managementpraktiken in Unternehmen und Organisationen geworden. Seine Relevanz war noch nie so hoch wie in Zeiten des raschen Wandels der Arbeitsumgebungen, in denen das psychische Wohlbefinden der Mitarbeiter direkt mit Produktivität und Innovation korreliert.

Definition und Bedeutung der psychologischen Sicherheit

Unter psychologischer Sicherheit ist die von den Mitgliedern eines Teams geteilte Annahme zu verstehen, das Umfeld sei sicher genug für die Beziehungspflege, das eigene Auftreten und das Eingeständnis von Fehlern ohne Angst vor Bestrafung oder Ablehnung. In der heutigen Zeit, die von wirtschaftlicher Unsicherheit, den Herausforderungen der Digitalisierung und Gesundheitskrisen geprägt ist, spielt psychologische Sicherheit eine entscheidende Rolle: Sie ermöglicht es Teams, belastbar zu bleiben, sich anzupassen und innovativ zu sein.

Die Forschung zeigt, dass Arbeitsumgebungen mit hoher psychologischer Sicherheit in Sachen Leistung, Engagement der Mitarbeiter und Kundenzufriedenheit bessere Ergebnisse erzielen. Eine von Google durchgeführte Studie mit dem Titel «Project Aristotle» ergab, dass die psychologische Sicherheit der wichtigste Faktor bei der Zusammenstellung der leistungsstärksten Teams ist.

Die Rolle von Führungskräften und Leadern

Die Rolle von Führungskräften und Leadern ist für das Schaffen und Aufrechterhalten psychologischer Sicherheit von entscheidender Bedeutung. Alles beginnt mit ihnen und dem Rahmen, den sie gestalten. Führungskräfte müssen mit ihrem Handeln zeigen, dass sie Lernen und Transparenz wertschätzen und bereit sind, eigene Fehler einzugestehen und konstruktives Feedback zu fördern. Überdies sollten sie zugänglich und aufnahmebereit sein und ein Klima des Vertrauens schaffen, in dem sich die Mitarbeiter wohlfühlen, wenn sie ihre Ideen und Anliegen mitteilen.

Schulung und Entwicklung

Unternehmen können Schulungen zu Kommunikation, Konfliktmanagement und einfühlsamer Führung organisieren, um den Führungskräften beim Erwerb der Fähigkeiten zu helfen, die sie brauchen, um ein sicheres und integratives Umfeld zu fördern. Regelmässige Workshops können Teams zudem dabei helfen, Verletzlichkeit und gegenseitiges Vertrauen zu üben.

Bewertung und Feedback

Die Einrichtung kontinuierlicher Feedbacksysteme, mit denen die Mitarbeiter anonym oder offen Feedback geben und erhalten können, trägt zu einem ständigen Dialog und zur Anpassung der Praxis psychologischer Sicherheit bei. Leistungsbeurteilungen sollten Kriterien über den Beitrag zu einem psychologisch sicheren Arbeitsumfeld enthalten.

Feiern von Misserfolgen und Lernen

Die Förderung des Feierns von Misserfolgen als Lerngelegenheiten ist eine weitere wirksame Strategie. Veranstaltungen wie «fail fests», bei denen Mitarbeiter ihre Fehler und das, was sie daraus gelernt haben, mitteilen, können das Scheitern entstigmatisieren und eine Kultur des Wachstums fördern.

Inklusive Richtlinien und Praktiken

Führungskräfte sollten dafür sorgen, dass die Richtlinien und Praktiken des Unternehmens Fairness fördern, alle Mitarbeiter einschliessen und vor missbräuchlichem oder diskriminierendem Verhalten schützen. Ein integratives Arbeitsumfeld stärkt die psychologische Sicherheit, indem es die verschiedenen Perspektiven und Erfahrungen der Beschäftigten validiert.

Beispiele für erfolgreiche Unternehmen

Unternehmen wie Pixar und Bridgewater Associates haben die psychologische Sicherheit in ihre Managementpraktiken integriert. Bei Pixar waren die Braintrust-Meetings, bei denen offenes und konstruktives Feedback gefördert wird, entscheidend für die Produktion innovativer und qualitativ hochwertiger Filme. Bei Bridgewater zielt die Politik der «radikalen Transparenz» darauf ab, die Mitarbeiter zu ermutigen, ihre Gedanken offen zu äussern und sich überkommenen Vorstellungen zu widersetzen, selbst denen der Führungskräfte.

Für Unternehmen, die sich erfolgreich durch die komplexe Landschaft der modernen Welt navigieren wollen, sind Investitionen in die psychologische Sicherheit nicht nur vorteilhaft, sondern unerlässlich. Führungskräfte müssen die Initiative ergreifen, indem sie Verhaltensweisen und Einstellungen modellieren, die ein offenes und integratives Umfeld fördern. Letztlich geht es bei der psychologischen Sicherheit um mehr als das Wohlbefinden am Arbeitsplatz: Sie ist ein starker Motor für Leistung, Innovation und langfristige Wettbewerbsfähigkeit.

Ein oft unterschätztes, aber entscheidendes Element zur Stärkung der psychologischen Sicherheit sind die den Handlungen und Entscheidungen von Führungskräften zugrunde liegende Absichten. Sind diese rein, positiv und klar, vermittelt dies den Teams, dass ihre Führungskräfte nicht für persönliche Gewinne oder versteckte Agenden, sondern im Interesse der Allgemeinheit handeln. Diese absichtsvolle Transparenz trägt wesentlich dazu bei, ein Klima des Vertrauens zu schaffen, in dem sich die Mitarbeiter sicher genug fühlen, um ihre Meinung zu äussern und Risiken einzugehen.

Entscheidend für das wirksame Entstehen dieser Sicherheit ist nicht zuletzt, dass die Führungskräfte menschlich, verletzlich und offen sind. Indem sie ihre eigenen Zweifel und Misserfolge mitteilen, zeigen Führungskräfte, dass es akzeptabel ist, nicht immer auf alles eine Antwort zu haben, und dass Scheitern ein natürlicher Teil des Lern- und Innovationsprozesses ist. Diese Verletzlichkeit erzeugt eine emotionale Resonanz, die die Teammitglieder ermutigt, sich ihrerseits zu öffnen, was die Bindung und das gegenseitige Verständnis im Team stärkt. Eine Führungskraft, die Offenheit praktiziert und Menschlichkeit zeigt, kann so die Arbeitsatmosphäre grundlegend verändern und psychologische Sicherheit nicht nur zu einer Politik, sondern zu einer alltäglichen Praxis machen, die von allen gelebt und geteilt wird.

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