Weshalb ist Roger Federer dermassen erfolgreich, warum wird er so geschätzt und warum eigentlich ist er immer noch auf der Höhe seiner Kunst, seines Talents? Selbstverständlich spielen mehrere Faktoren mit: Talent, Training, Charakterstärke und so weiter. In diesem Beitrag möchte ich einen Bogen von der Energie zur Leistung schlagen.
Roger Federers Leistungsniveau hat sehr viel zu tun mit seiner Energie (seinen Energien) und seinem Umgang damit. Er versteht es, sich auszuruhen, zu regenerieren, zu ernähren, zu kämpfen – und sollte er etwas davon ausser Acht lassen, wird jemand aus seinem Team, der Familie oder ein Freund ihn daran erinnern.
Und wie läuft das bei Ihnen? Im Sport genauso wie im Privatleben oder am Arbeitsplatz ist das Haushalten mit der eigenen Energie bzw. den eigenen Energien ein zentraler Hebel der Leistungsfähigkeit. Der Begriff «Energie» stammt vom lateinischen «energia» ab, das selbst auf das altgriechische «ἐνέργεια» bzw. energeia für «Tatkraft» zurückgeht.
Eine tätige Kraft (eine Machtquelle) kann Einfluss nehmen. Je klarer wir uns dessen bewusst sind, desto besser beherrschen wir unseren Einfluss, unsere Leistung. Unsere Energie lässt sich wie unsere Machtquellen positiv (Bestärkung) oder negativ (Zerstörung) nutzen. Wichtig ist, sich dessen bewusst zu sein (Selbstreflexion).
Die beiden Beiträge «Weshalb erzielen wir nicht die erwartete Wirkung?» und «Leadership: legitime Macht» vermitteln einige zusätzlichen Ansätze dazu. Übrigens: wissen Sie, wieso sich mein Unternehmen «LP3» nennt? «L» steht für Leadership, die drei sich multiplizierenden «P» stehen für: Potenzial, Power, Performance.
Wenn ich also mein «Potenzial» kenne und entwickle, wenn ich meine «Power», meinen Einfluss beherrsche, bringe ich die gewünschte «Performance» oder Leistung. Genau wie bei Roger Federer geht es dann darum, die notwendige Balance zwischen «Energie» und «Ressourcen» zu finden. Mit anderen Worten: Was gibt mir Energie, füllt mir meine Batterien – und was kostet mich oder stiehlt mir Energie? Um diese Frage zu beantworten, werfen wir zunächst einen Blick auf die verschiedenen Energieformen. Neurowissenschaftenund Psychologie definieren vier Arten von Energie:
- Körperliche Energie
- Emotionale Energie
- Mentale Energie
- Spirituelle Energie
Betrachten wir diese vier Energiearten näher.
Körperliche Energie
Welche Qualität hat mein Schlaf? Mache ich tagsüber genügend Pausen? Welche Qualität hat meine Ernährung? Trinke ich genügend (Wasser!)? Und schliesslich: Habe ich genügend Bewegung (eine halbe Stunde pro Tag)?
Beginne ich einen Workshop am Anfang des Nachmittags, mache ich mit den Teilnehmenden «1-2-3», eine kleine Übung. Sie dauert bloss fünf Minuten; im Detail dazu an dieser Stelle nur so viel.
Die Übung betont drei Elemente:
- Sie erfordert Konzentration, was den Teilnehmenden erlaubt, den Kopf zu lüften und nicht weiter an das zu denken, was vorher war. Damit gewinnen wir Leistungsfähigkeit und Energie für die Gegenwart. Im Alltag laufen wir von einer Sitzung zur anderen, führen ein Telefongespräch nach dem anderen und springen von einem Projekt zum nächsten. Wir haben den Kopf stets voll von Informationen. Von Zeit zu Zeit muss es einem gelingen, sich erneut zu konzentrieren.
- Sie bringt einen zum Lachen. Lachen befreit Energien, was besonders nach einer Mahlzeit wichtig ist.
- Sie hält unsere beiden Gehirnhälften auf Trab, was unsere Leistung und unsere Kreativität anregt und fördert.
Emotionale Energie
Über positives Feedback und Wertschätzung können Sie das Selbstwertgefühl heben, das Kollegen, Freunde oder Mitarbeitende von sich haben. Selbstvertrauen ist eines der Schlüsselelemente der Leistung. Im Beitrag «Mit Feedback Vertrauen gewinnen» gibt es dazu einige Gedankenanstösse. Die emotionale Ebene steht unter dem Einfluss Ihres Umfelds, ob privat oder beruflich. Die beiden lassen sich hier nicht auseinanderhalten. Wenn Sie sich Sorgen um Ihre Kinder oder Ihre Partnerin oder Ihren Partner machen undes sie gefühlsmässig berührt, wirkt sich dies auf Ihre Leistung aus.
Die wichtigste Kompetenz in diesem Zusammenhang ist Zuhörenkönnen. Die Qualität Ihrer Aufmerksamkeit kann Ihrem Gegenüber eine Hilfe sein. Dasselbe gilt in einem Change-Setting, wenn Veränderungen anstehen, weil dies Ängste weckt, die sich auf Ihre Energie auswirken. Im Gegensatz dazu haben, wie oben erwähnt, Freude und Lachen ansteckende Wirkung.
Mentale Energie
Hier geht es hauptsächlich um den Begriff der psychologischen Sicherheit, also das Recht, Fehler machen zu dürfen, und um Vertrauen. Wenn ich keine Angst habe, mich stark fühle und Vertrauen in meine Ressourcen habe, werde ich auch Mut beweisen können. Zwei Beiträge schneiden diese Themen an: «Management: Wie lässt sich eine mutige Haltung fördern?» und «Psychologische Präsenz als Innovationshebel».
Spirituelle Energie
Dieser vierte Aspekt von Energie rückt die Sinngebung in den Vordergrund. Im professionellen Rahmen geht es hier darum, eine klare Vision zu haben; lesen Sie dazu auch «Ein guter Chef hat eine klare Vision».
Meditation, Atemübungen, Yoga und viele andere Techniken bieten vorzügliche Ansätze, um seine Energie(n) besser zu erfassen. Was tun Sie, um Ihre Energien zu steuern? In einem professionellen Umfeld läuft diese Frage auf meine Definition von Leadership hinaus: « Fähigkeit eine Bewegung zu erzeugen („Momentum“), Menschen auf ein gemeinsames Ziel oder eine attraktive Vision hin in Bewegung zu setzen mittels eines anregenden, schöpferischen und inspirierenden Rahmens.»
Anders gesagt, es geht darum, einen Rahmen zu schaffen, in dem die Energie der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter positiv zum Ausdruck kommen und eine nachhaltige Leistung hervorbringen kann.
Auf Ihre Energie!