Hochleistungsteam: Was erwarten Sie von Ihren Kolleginnen und Kollegen? Was wir brauchen, ist Vertrauen.

In den letzten 26 Jahren haben wir nicht nur mehr als 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Schweiz und in Europa danach gefragt, was einen guten Chef / eine gute Chefin ausmache, sondern wollten auch wissen, was sie von einem guten Team, also von ihren Kolleginnen und Kollegen erwarten. Die Antworten haben wir ausgewertet und stellten fest, dass wie für den guten Chef (den guten Leader) alle dieselben Erwartungen und Bedürfnisse haben. Das Wesen einer leistungsfähigen Equipe, eines guten Teams, ist überall dasselbe. Neun Dimensionen haben sich dabei herauskristallisiert: Leader, Vertrauen, Teamgeist, Offenheit, Werte, Kommunikation, gemeinsames Ziel, Kompetenz, Organisation. Die Selbstreflexion befindet sich als Bindeglied im Zentrum.

Lassen wir uns die neun Dimensionen doch kurz durch den Kopf gehen, schauen Sie dabei systematisch in den Spiegel und stellen Sie sich die Frage: «Und ich, was mache ich?» Oder: «Wie ist das nun in meinem Fall?»

Leader
In den meisten geläufigen Organisationsformen gibt es einen Teamverantwortlichen (einen Chef, eine Chefin). Die Mitarbeitenden erwarten von dieser Person, dass sie ihre Sache gut macht und Leadership-Kompetenz besitzt. Deshalb spricht man heute auch eher von Leader als von Chef. Das Konzept des Chefs löst sich tatsächlich auf. Die Teams brauchen mehr und mehr einen Leader, der den Rahmen schafft, in dem sich die einzelnen Mitarbeitenden wohl fühlen, sich entfalten können, die nötige Autonomie haben und so die gewünschte Leistung erbringen. Sehen Sie sich in diesem Zusammenhang das Video an (www.lp3leadership.com), das aufzeigt, was die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von einem kompetenten Chef erwarten. Überdies gehen verschiedene bereits veröffentlichte Beiträge auf bestimmte Aspekte näher ein.

Vertrauen
Das am häufigsten erwähnte und heikelste Bedürfnis ist jenes nach Vertrauen. Die Mitarbeitenden haben dieses Bedürfnis auf vier Ebenen:

  • Vertrauen in sich selbst
  • Vertrauen in die Kolleginnen und Kollegen
  • Vertrauen in die Vorgesetzte / den Vorgesetzten
  • Vertrauen ins Unternehmen

Laut Wikipedia ist Vertrauen zu verstehen als «ein psychologischer Zustand, der sich durch die Absicht auszeichnet, die Verletzlichkeit zu akzeptieren, und zwar auf der Grundlage optimistischer Vorstellungen von den Absichten (oder dem Verhalten) des Gegenübers». Vertrauen verweist auf die Idee, dass man jemandem oder einer Sache trauen kann. Im lateinischen Tätigkeitswort «confidere» finden sich die Elemente «cum» (mit) und «fidere» (trauen) zusammen und bedeuten, dass man jemandem etwas Wertvolles übergibt, weil man der Person traut und sich damit ihrem Wohlwollen und ihrer Redlichkeit ausliefert.

Als Übung empfehle ich Ihnen, im Rahmen einer Teamsitzung in kleinen Gruppen über Verhaltensweisen
nachzudenken, die …

  1. … das Vertrauen fördern
  2. … das Vertrauen zerstören

Sie erhalten damit ein Raster, nach dem Sie das Funktionieren der Einzelnen analysieren und positive Verhaltensweisen (positive Spirale, zu bestärken) und negative Verhaltensweisen (negative Spirale, zu entschärfen) herausarbeiten können. Geben Sie unverzüglich konstruktives Feedback unter vier Augen, sobald Sie negative Verhaltensweisen wahrnehmen. Die Methode der gewaltfreien Kommunikation nach Marshall Rosenberg bietet Ihnen dazu eine gute Stütze.

Teamgeist
Hier taucht der Schlüsselbegriff der gegenseitigen Unterstützung auf. Wir erwarten von unseren Kolleginnen und Kollegen, dass sie uns unterstützen, auf uns achten, proaktiv handeln, uns ermuntern und nicht zuletzt dass sie uns keine Knüppel zwischen die Beine werfen. Ein Musketier würde Teamgeist in der Devise «Einer für alle, alle für einen» zum Ausdruck bringen.

Offenheit
Unter diesem Oberbegriff habe ich die Erwartungen im Zusammenhang mit dem Respekt vor anderen und der Toleranz zusammengefasst. Mir gefällt das Konzept «Offenheit» besonders gut, weil es ohne Hierarchie auskommt. Ich befinde ich mich auf Augenhöhe und gehe mit offenen Armen auf die anderen zu. Diese Haltung ist wesentlich schöner, als zu sagen «ich toleriere dich/Sie» … Wer bin ich schon, um jemanden zu dulden/tolerieren?
Im Zusammenhang mit dieser Kategorie bitte ich Sie, über Ihre Vorurteile nachzudenken. Vorurteile haben wir schliesslich alle. Sind Sie sich Ihrer Vorurteile bewusst und wissen Sie, wie sie sich auf Ihr Verhalten auswirken? Neugier und Interesse sind zwei Hebel, um Barrieren einzureissen und offener zu werden.

Werte
Eine Linie vertreten und klare Prinzipien haben: individuelle Werte sind in den Augen der Kolleginnen und Kollegen wichtig. So ist beispielsweise – wie schon in der Dimension «Offenheit» erwähnt – oft von Respekt die Rede. Haben Sie sich mit Ihren Kolleginnen und Kollegen über Ihre persönlichen Werte ausgetauscht? Kennen Sie deren Werte und wissen Sie auch, was sie für diese bedeuten? Hinter dem Begriff «Respekt» kann sich für manche Pünktlichkeit verbergen, für andere Zuhörenkönnen.

Kommunikation
Ein Klassiker unter Klassikern: Sie erwarten von Ihren Kolleginnen und Kollegen, dass sie offen, transparent kommunizieren und vor allem Feedback geben (positives und konstruktives, natürlich). Wenn etwas stört oder Missverständnisse auftauchen, stellen Sie Fragen und gehen Sie das Thema unverzüglich an. Damit vermeiden Sie sehr oft eine weitere Eskalation.

Gemeinsames Ziel
Ziehen wir alle am selben Strick … und in dieselbe Richtung? In den analysierten Antworten taucht die gemeinsame Richtung und die Konzentration der Kräfte auf ein gemeinsames Ziel immer wieder auf. Wir wollen, dass die Energie kohärent zum Einsatz gelangt, und zwar jene der andern so gut wie unsere eigene. Was tun Sie, wenn Sie feststellen, dass eines der Teammitglieder eine andere Richtung einschlägt? Sprechen Sie die betroffene Person darauf an? Und, wenn ja, wie?

Kompetenz
Wir erwarten von unseren Kolleginnen und Kollegen selbstverständlich auch Kompetenz und dass sie ihre Arbeit gewissenhaft erledigen. Wer ist für die Entwicklung der Kompetenz verantwortlich? Alle für sich persönlich? Der oder die Vorgesetzte? Das Unternehmen? Wie steht es um die Arbeitsmarktfähigkeit? Um Ihre Arbeitsmarktfähigkeit? Wann haben Sie Ihre Kompetenz zuletzt ausgeweitet? Was geschieht, wenn jemand in Ihrem Team Fehlleistungen erbringt? Wer korrigiert oder biegt Fehler zurecht?

Organisation
Im Zusammenhang mit der bereits erwähnten Dimension «Vertrauen» erwarten wir von unseren Kolleginnen und Kollegen genügend Organisationstalent, um den eingegangenen Verpflichtungen nachkommen zu können, und Zuverlässigkeit. Wir wollen auf sie zählen können. Hier ist ein besonderes Augenmerk auf das Selbstmanagement, das Aufgabenmanagement und eine gewisse Disziplin zu richten.

Selbstreflexion
Schliesslich findet sich im Zentrum der neun Dimensionen des «guten Teams» die Selbstreflexion. Jeder und jede muss sich den Spiegel vorhalten, also die eigenen Stärken, Potenziale (was es zu verbessern gilt) und das, was ihm oder ihr Freude bereitet, einschätzen können. Erwartungen gegenüber der oder dem Vorgesetzten zu haben, mag berechtigt sein, allerdings muss man nicht zuletzt hier bei sich anfangen, ein Beispiel sein. Bringen Sie sich bezogen auf diese neun Dimensionen des «guten Teams» in Stellung, wachsen Sie an Ihrer Rolle, weisen Sie den Weg – und das ganze Team wird davon profitieren.

Warten Sie bloss nicht darauf, dass sonst wer den ersten Schritt tut, machen Sie ihn. Seien Sie proaktiv. Früher oder später erhalten Sie auf die eine oder andere Weise zurück, was Sie an positivem Input gegeben haben.

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