Wie schafft man einen starken Teamgeist?

Um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern, wird der Mensch wichtig bleiben oder gar noch wichtiger werden. Wie aber lässt sich Teamgeist fördern, also die innere Kraft eines Unternehmens? Man muss sich den Mitgliedern des Teams und den Leadern widmen. Im Zentrum stehen dabei Fragen rund um Verantwortung und Autonomie.

Noch bevor wir uns mit Verantwortung und Autonomie in Abhängigkeit voneinander befassen, einige Gedanken dazu, wie sich der Teamgeist fördern lässt: Teamgeist bedeutet so viel wie Bindung der Mitglieder einer Gruppe untereinander; sie vermittelt ihnen ein Gefühl der Zusammengehörigkeit und veranlasst sie, im Sinn des Teams zu wirken.

Jedes Mal wenn ich in meiner Laufbahn die Frage «Was macht Ihrer Erfahrung nach ein ‹gutes Team› aus und was erwarten Sie von Ihren Kolleginnen und Kollegen» stellte, lief die Antwort auf den Begriff des Teamgeists hinaus. Die am häufigsten erwähnten Wörter waren gegenseitige Hilfe und Unterstützung. (Lesen Sie dazu «Hochleistungsteam: Was erwarten Sie von Ihren Kolleginnen und Kollegen?»

Für ein Hochleistungsteam zählt jeder Einzelne. In der Zusammenarbeit muss jeder seine Verantwortung übernehmen. Dazu einige praktische Beispiele für die Umsetzung.

Zustimmung des Teams
Damit sich jedes einzelne Mitglied identifizieren kann, braucht es ein gemeinsames Projekt. Idealerweise entsteht es durch eine Teamvision, die alle Mitglieder gemeinsam entwickeln. So ist jeder in der Lage, seinen Beitrag zum Ganzen zu benennen. Zur Festigung dieser Zustimmung muss man sich nicht nur versichern, dass alle, und zwar auf allen Ebenen verstanden haben, worum es geht, sondern dem Team auch Rituale geben (Begrüssung am Morgen, gemeinsame Pause, «Spielstand», Darts-Pause usw.).

Buddy
Tandems bilden. Stellen Sie sicher, dass jedes Teammitglied eine/-n Partner/-in (Buddy) hat. Solche Tandems lassen sich auf unterschiedliche Art und Weise bilden. Geben wir uns genügend Zeit füreinander, für die andern. Wir ergänzen uns und sind gemeinsam stärker, das gegenseitige Vertrauen steigt. Je besser wir den andern / die andern kennen, desto einfacher können wir zusammenarbeiten und uns vor allem spontan und freiwillig unterstützen. (Lesen Sie dazu «Mit Feedback Vertrauen gewinnen»)

Transparenz
Seien Sie sowohl im Hinblick auf das Delegieren als auch in Sachen Informationen und Entscheide transparent. Wagen Sie Transparenz! Damit schaffen Sie eine Vertrauensbasis und reduzieren Gerüchte und Fehlinterpretationen. Andererseits zwingt Transparenz zu einer gewissen Disziplin: Argumente, Erklärungen, Tools.

Vorbild
Ob als Chef oder als Kollege, Sie müssen ein Vorbild sein. Tun Sie andern nicht an, was Sie nicht wollen, dass man Ihnen antut; halten Sie Ihre Versprechen und verhalten Sie sich integer. (Lesen Sie dazu «Wie verdient man sich Respekt? Als Vorbild!»)

Heikle Themen, Konflikte
Sprechen Sie heikle Themen unverzüglich an, schieben Sie sie nicht vor sich her – nichts vergiftet eine Beziehung oder erhöht Spannungen innerhalb eines Teams mehr. Auch da kann es immer sein, dass Sie ein Anzeichen oder eine Haltung falsch interpretiert haben. Fragen Sie deshalb nach, um sicher zu sein, dass eine Verhaltensweise oder bestimmte Aussagen mit Ihrer Interpretation davon übereinstimmen. Sie werden feststellen, dass sich schon allein mit Nachfragen zahlreiche Konflikte vermeiden lassen.

Regeln und Konsequenzen
Jedes Team braucht klare Regeln und Prinzipien zum Zusammenarbeiten und zum Vorgehen. Diese Regeln gelten für alle, auf allen Ebenen. Stellen Sie sicher, dass sich niemand ihnen entziehen kann oder Privilegien geniesst. Alle haben gleich behandelt zu werden. Werden die Regeln nicht eingehalten, müssen die Konsequenzen davon unbedingt strikt folgen. Der HR-Verantwortliche eines Grossbetriebs aus dem Genferseeraum formuliert es so: Ich bin wohlwollend, aber Gefälligkeiten gibt es bei mir nicht.

Offene Wertschätzung
Jedes Teammitglied ist einzigartig und für das Zusammenwirken des Ganzen wichtig. Zögern Sie nicht, als Kollege oder Vorgesetzter einzelne Teammitglieder öffentlich und vor allen zu loben. Nicht nur dafür, was sie tun, sondern auch und vor allem dafür, was sie sind. Jemand, der mit einem Lächeln durch die Welt geht, Ihnen zuhört oder auf die anderen Rücksicht nimmt, ist eine Perle für das Team. Solche Personen tragen zu einem guten Teamgeist bei. Sagen Sie es ihnen!

Loyalität
Seien Sie loyal Ihrem Unternehmen und Ihren Kollegen gegenüber. Ganz einfach zu gewährleisten ist das nicht immer. Seien Sie deshalb ehrlich und sagen Sie, was Sie empfinden. Damit zeigen Sie Ihre Verbundenheit mit dem Team, was die einzelnen Mitglieder zusammenschweissen und für zusätzliche Kraft sorgen kann.

Diese praktischen Hinweise gelten sowohl für die Mitglieder des Teams als auch für die Vorgesetzte / den Vorgesetzten. Vielleicht sagen Sie sich: «Mein Chef muss sich darum kümmern oder einen Rahmen schaffen, in dem dies möglich ist.» Damit haben Sie teilweise recht. Aber eben bloss teilweise. Warum? Weil auch Sie Verantwortung tragen und Autonomie haben.

Verantwortung
Oft drehen sich Überlegungen zum Thema Leadership um den Begriff «Verantwortung». Das Wort an sich lässt sich von seiner Bedeutung her auf zwei Ebenen analysieren: Im Sinn der Wortwurzel geht es darum, «Rede und Antwort» zu stehen, also gegenüber einer Autorität, die Rechenschaft verlangen kann, für das eigene Tun und Lassen einzustehen.

Auf psychologischer Ebene geht es um Beziehung, also um gegenseitiges Engagement. Hier kommen Dimensionen wie Versprechen, Verpflichtung, Einsatz ins Spiel. Eine verantwortliche Person ist jemand, auf die man vertrauen kann, weil sie die Situation im Griff zu haben vermag und dafür einstehen, dafür garantieren kann. Sie beherrscht also, was sie tut. Und weil sie Einfluss hat, kann sie dafür von einer anderen Person zur Rechenschaft gezogen werden.

Aus beiden Ebenen folgt, dass Verantwortung mit Engagement zu tun hat, für das man allenfalls geradestehen muss. Ver-antworten bedeutet, mündlich oder schriftlich auf eine Frage, eine Bitte, eine Bemerkung eingehen, zum Ausdruck zu bringen, was man zu sagen hat. Das eigene Tun und Lassen, seine Entscheide verantworten bedeutet, Fragen zu beantworten, zu sagen, warum und im Hinblick worauf man einen bestimmten Weg eingeschlagen hat, nicht einen andern; man macht diesen Weg also zu seinem eigenen, steht dafür gerade. Und damit machen wir den Link zur Autonomie.

Autonomie
Autonomie (aus dem Griechischen «autos» für «selbst» und «nomos» für «Gesetz, Regel» verweist auf die Fähigkeit, auf die eigenen Bedürfnisse zu reagieren, Entscheide zu fällen und zu verantworten und dabei das Umfeld und die Umwelt zu berücksichtigen. In der Moralphilosophie ist Autonomie die Fähigkeit, aus sich selbst zu handeln und sich seine eigenen Verhaltensregeln, sein eigenes Gesetz zu geben. Autonomie ist gleichbedeutend mit Freiheit; sie zeichnet sich dadurch aus, aus eigenem Antrieb Entscheide fällen zu können, ohne sich bestimmten natürlichen oder kollektiven Neigungen zu beugen oder gar dienstfertig einer äusseren Autorität zu unterwerfen.

Damit Teamgeist entsteht, muss jeder Einzelne Verantwortung tragen, für sich Verantwortung übernehmen. Je nach Autonomiegrad der Betroffenen, wird diese Verantwortung grösser oder kleiner sein. Seinen Teil davon übernehmen muss aber jeder und jede! Für einen starken Teamgeist ist jede/-r verantwortlich. Dies führt mich zu meiner letzten Überlegung und meiner Schlussfolgerung: Wenn es ums Formulieren von Verhaltensregeln in einer Gruppe geht, empfehle ich nachdrücklich, «Ich»-Formulierungen zu verwenden, nicht mit «wir» zu hantieren. Das «Wir» mag das Zugehörigkeitsgefühl fördern, aber es reduziert den Anteil an Verantwortung.

Wenn Sie sagen: «Wir» haben diesen Entscheid getroffen, wer übernimmt dann die Verantwortung für Fehleinschätzungen, Fehler, Probleme? Wer trägt die Konsequenzen, ohne den Fehler andern in die Schuhe zu schieben? Hier ist das «Ich» entschieden stärker

Setzen Sie auf den Teamgeist und tragen Sie selbst dazu bei – und Sie werden feststellen, dass Vertrauen und Zusammenhalt gerade deshalb wachsen.

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