Führungs- und Verhaltensgrundsätze: der Domino-Effekt als Motor der Unternehmenskultur

Welche Werte hat Ihr Unternehmen, Ihre Organisation?

Wissen Sie, dass durchschnittlich weniger als 30 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Lage sind, die Firmenwerte zu nennen? Dies gilt bisweilen sogar für die Kaderleute und Direktionsmitglieder. Will ich noch ein wenig provokanter sein, stelle ich die Frage: Kann ein Unternehmen Werte haben?

In den Firmen und Organisationen ist man sich bewusst, dass man zur Begleitung der notwendigen Transformationen auf die Menschen setzen und also bei der immer wieder erwähnten Unternehmenskultur ansetzen muss. Damit ist allerdings nicht gemeint:

– Werte festzulegen und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darauf zu verpflichten 

– Absichtserklärungen im Hinblick auf Gesellschaft und Umwelt zu kommunizieren

– kulturelle Engagements einzugehen oder 

– als Sponsor aufzutreten

Das Publikum und vor allem die jüngeren Generationen sind solchen Engagements gegenüber sehr kritisch eingestellt. Sie erwarten konkrete Fakten, sichtbare Taten, mehr als Worte; «Greenwashing» hingegen stört sie. Wenn wir wollen, dass sie Respekt haben, müssen wir mustergültig handeln, vorbildlich sein. Lesen Sie dazu den Beitrag «Wie verdient man sich Respekt? Als Vorbild!» (https://www.lp3leadership.com/site/de/blog/wie-verdient-man-sich-respekt-als-vorbild/)[JK1] 

Um auf die oben gestellte Frage zurückzukommen: Ein Unternehmen ist eine Institution, kein lebendes Wesen, und kann deshalb keine Werte haben. Werte haben ausschliesslich die Leute, die im Unternehmen tätig sind und bestimmte Werte verkörpern. Sie bringen mit ihrem Verhalten, ihrem Tun, ihren Entscheiden Prinzipien zum Ausdruck, welche die Kunden, Kolleginnen, Partner und das Publikum wahrnehmen. Diese wahrgenommenen Elemente sind die Boten und Träger der Unternehmenskultur.

Dies impliziert für die Unternehmen zwei wesentliche Dinge: 

Zum einen müssen sie kohärent, ja kongruent sein. Lesen Sie dazu den Beitrag «Wirkung und Bewusstwerdung: konsequent sein!» (https://www.lp3leadership.com/site/de/blog/wirkung-und-bewusstwerdung-konsequent-sein/)

Zum anderen müssen die gewählten Werte und vor allem die Verhaltensgrundsätze auf der Grundlage der angestrebten Vision und des einzuschlagenden Wegs festgelegt werden. Mehr dazu finden Sie im Beitrag «Das Potenzial einer Unternehmensvision entwickeln und voll ausschöpfen: Storytelling und OKR» (Link steht aus, da der Artikel noch nicht veröffentlicht ist).

Dazu muss man kohärent und vor allem sehr konsequent sein!

Verhaltensgrundsätze

Sobald Sie wissen, wohin Sie gehen wollen, wenn also Ihre Vision klar ist, aber auch der Weg zum Ziel, also die Strategie, dann können Sie die nötigen umfassenden Hauptwerte festlegen und anschliessend für jeden dieser Werte die notwendigen Verhaltensgrundsätze formulieren, priorisieren, bestimmen. Verzichten Sie hier auf Vollständigkeit und beschränken Sie sich vielmehr auf spezifische Akzente. 

Die Frage, die es zu stellen gilt, ist: «Welche Verhaltensweisen sind sehr wichtig, absolut notwendig oder haben wir in den vergangenen Jahren allenfalls vernachlässigt, um auf dem eingeschlagenen Weg und unter Einhaltung des unternehmerischen Grundauftrags erfolgreich zu sein?»

Legen Sie nicht mehr als drei bis fünf Verhaltensgrundsätze pro Firmenwert fest. Denn bei drei Werten ergibt sich bereits ein Set von neun bis maximal fünfzehn Grundsätzen.

Halten Sie sich zur Formulierung von Verhaltensgrundsätzen an drei einfache Regeln:

  1. Der Satz beginnt mit «Ich …», nicht mit «Wir …» – der Verhaltensgrundsatz zielt auf das Übernehmen individueller Verantwortung ab, deshalb das «Ich».
  2. Der Satz enthält ein aktives Verb, etwa «Ich fasse Entschlüsse», «Ich höre aktiv zu», «Ich gebe konstruktives Feedback».
  3. Schliesslich enthält der Satz nur ein Element, nicht mehrere. Dies erleichtert das Umsetzen und Evaluieren.

Um diese Verhaltensgrundsätze umzusetzen, kommunizieren Sie sie und lehren Sie die Leute die Methoden, mit denen sie nach diesen Grundsätzen leben können. «Powersessions» sind eine besonders wirkungsvolle Art, die Leute auszubilden. Es handelt sich um 90- bis 120-minütige Schulungsmodule, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Jahr und an verschiedenen Wochentagen angeboten werden, damit alle daran teilnehmen und sich einfach und effizient weiterbilden können.

Vergessen Sie nicht, diese Verhaltensgrundsätze in Ihre Standardtools und -prozesse (Rekrutierung, Evaluation) zu integrieren.

Führungsgrundsätze als Hebel der Verhaltensgrundsätze

Dass Vorbild sein wichtig ist, wenn man will, dass die andern tun, was man von ihnen verlangt oder wünscht, haben wir bereits gesehen. Vorbildhaft zu sein, kann auch zum Nachahmen anregen, also inspirieren. Allerdings reicht das nicht aus. Wenn Sie wirklich konsequent sein und die Chancen erhöhen wollen, dass die Verhaltensgrundsätze gelebt, umgesetzt und nicht zuletzt wahrgenommen werden, dann müssen Sie den Ansatz mit dem Erarbeiten von Führungsgrundsätzen ergänzen. Wie bei einer Dominokette erlauben für die Kaderleute festgelegte Führungsgrundsätze, das Fundament für das Umsetzen der Verhaltensgrundsätze zu legen.

Lassen Sie mich den Zusammenhang an einem Beispiel veranschaulichen.

Wenn ich will, dass sich unsere Kunden:

  • als wichtige Partner und ernst genommen empfinden, dann wäre der entsprechende Verhaltensgrundsatz etwa so zu formulieren:
  • «Ich zeige Interesse», etwa an den Fragen meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, am Wissen, das sie über die Kundschaft gesammelt haben. Damit die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihrerseits Interesse der Kundschaft gegenüber zu entwickeln vermögen, können Sie sich als Vorgesetzte/r am Führungsgrundsatz ausrichten:
  • «Ich fördere den Perspektivenwechsel», etwa indem ich Fragen stelle, welche die Mitarbeiterin oder den Mitarbeiter in die Haut der Kundschaft versetzen, oder indem ich Leute aus meinem Team zu einem Einsatz bei einem Partner, einem Kunden oder in einer anderen Abteilung animiere.

Mit dem transparenten Erarbeiten zweckdienlicher Verhaltens- und Führungsgrundsätze und deren konsequentem Umsetzen können Sie sehr wirksam zur Unternehmenskultur beitragen, die Sie brauchen, um sich der Vision anzunähern, die Sie sich als Ziel gesetzt haben. Um die heute unabdingbare Agilität zu bewahren, machen Sie einen jährlichen oder halbjährlichen «Check» Ihrer Vision, vor allem aber Ihrer Führungs- und Verhaltensgrundsätze. Fallweise können Sie diese anpassen, ersetzen oder ergänzen, um mit der Realität im Einklang zu sein, die Sie tagtäglich erleben.

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